Wie die Wellenringe, die ein ins Wasser fallender Tropfen erzeugt, entfalten sich die Bewegungen im Qigong (und Taijiquan) von innen nach außen. Sie entstehen vor allem in den Hüften, die über Beine und Füße mit der Schwerkraft der Erde verbunden sind, und setzen sich über den Körper in die Arme und Hände fort. Hinter dieser äußeren Bewegung der Gliedmaßen wirkt die innere Bewegung des Qi 氣 , das der Intention yi 意 folgend die Energiezentren (Dantian 丹田) und Energietore des Körpers durchzieht und von dort aus die Muskelkraft li 力 bereitstellt.
Die Wahrnehmung der drei Hauptzentren (Dantian 丹田) und die Verbindung zwischen inneren und äußeren Bewegungen ermöglicht erst die ganzheitliche physische, psychische und spirituelle Wirkung des Qigong.
Das obere Dantien ist das Energiezentrum im Kopfraum, der Sitz unseres Bewusstseins, des Denkens, der Spiritualität. Es verbindet uns nach chinesischer Vorstellung mit dem Himmel ("tian"), also dem Raum über uns und im spirituellen Sinne dem Kosmos, der Transzendenz, Gott, dem Weltgesetz - was immer jede(r) von uns damit verbindet. Zugleich steht das obere Dantian mit dem mittleren, dem Herzraum, in Verbindung.
Zu lokalisieren ist das obere Dantian mitten im Kopf, dort, wo sich die gedachten Linien zwischen beiden Ohren und zwischen dem "Dritten Auge" (in der kleinen Vertiefung oberhab der Nase zwischen den Augenbrauen) und der Mitte der Schädelbasis im Nacken überkreuzen.
Das Kopfzentrum gut zu spüren und die Konzentration dorthin richten zu können, kann uns helfen, auch unter Stress zu entspannen, Kopfschmerzen zu lindern und innere Unruhe abzubauen. Der erste Schritt dazu ist das bewusste und systematisch Entspannen des Gesichts und der Augen. Gerade in Stresssituationen sind wir als vorwiegend visuell ausgerichtete Wesen dort mental überfokussiert, spürbar an einem Druckgefühl hinter den Augen, das sich bis zum Kopfschmerz stedigern kann: wir wollen "der Gefahr ins Auge blicken" und sehen, wie wir uns verteidigen können. Oft sind wir dabei fixiert wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange. Diesen Hyperfokus lösen wir am einfachsten durch das Entspannen der Stirn, der Augenbrauen und -lider, der Augenmuskeln, der Wangen, Lippen, Kaumuskulatur, Kehle und Nacken. Danach ist es viel leichter, die Aufmerksamkeit nach hinten, zwischen die Ohren zu verlagern, nach außen zu lauschen und innen die langsame Ausweitung des Kopfraums zu erfahren. In der stehenden Meditation (zhan zhuang) kann es zu der Erfahrung kommen, dass sich unser Kopfraum nach oben zu öffnen und von den Füßen zu entfernen scheint, dass wir mit Hilfe des "goldenen Fadens" am Scheitelpunkt des Kopfes "in den Himmel wachsen" - ein Zeichen guter Defokussierung und Entspannung.
Diese Verbindung "nach oben" entsteht über den Akupunkturpunkt "Bai Hui" ("Zusammenkunft der hundert" (gemeint sind alle Energieströme im Körper)) auf dem Scheitelpunkt des Schädels und die "si shen cong" ("vier Weisen"), vier jeweils einen Daumenbreit nach vorn, hinten und zu beiden Seiten gelegenen Sonderpunkte. Diese fünf Punkte lassen sich auch gut zur Regulierung von Spannungen im Kopfbereich, Stress oder Kopfschmerzen drücken!
Wenn wir im Qigong mit dem oberen Dantian arbeiten, ist eine gute Erdung und die Verbindung zum mittlöeren und unteren Dantian wichtig - vor allem bei Menschen mit "oberer Fülle", die ohnehin zu viel Energie in der oberen Körperhälfte haben (also z.B. Bluthochdruck, innere Hektik, Kopfschmerzneigung etc.)